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GUTE EFFIZIENZ UND ERTRÄGE

Johanna Tüntsch

Wer nicht nur saisonale Produkte aus der Region essen möchte, kommt im Winter an Obst und Gemüse aus dem Gewächshaus kaum vorbei. Ist dieser Anbau nachhaltig? Unsere Autorin Johanna  Tüntsch hat nachgefragt bei Dr. Marcel Moll. Er leitet am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz – Nachwachsende Rohstoffe der Agrar-, Ernährungs-, und Ingenieurswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, eine Arbeitsgruppe zu Sonderkulturen im geschützten Anbau.



Inwiefern haben Gewächshäuser in Spanien einen Vorteil hinsichtlich ihres Energiebedarfes?


Es wird dort auf vergleichsweise kleinem Raum sehr viel produziert, weil die Wege kurz sind und die ganze Infrastruktur darauf ausgelegt ist, diesen Anbau möglich zu machen. Auch der Energiebedarf von Gewächshäusern in Nord- und Südeuropa unterscheidet sich, weil in Südeuropa die Sonne länger und intensiver scheint. In Mittel- und Nordeuropa nehmen einige Erzeuger zusätzliche Stromkosten in Kauf, um möglichst lange zu produzieren, andere schließen ihr Gewächshaus im Oktober/November und fangen im Frühjahr erst wieder an. In Spanien kann man länger das Sonnenlicht nutzen und es ist wärmer, also muss nicht so viel geheizt werden: Insofern braucht man natürlich weniger Energie.

In der Gesamtschau muss man zwar berücksichtigen, dass das Gemüse aus Spanien noch hierhergebracht werden muss, wenn man aber ganzjährig bestimmte Sorten haben möchte, muss man sie importieren. Großflächig gibt es in Deutschland eben keine andere Möglichkeit.


Trägt der Anbau in Gewächshäusern dazu bei, die Ernährung trotz Klimawandel sicherzustellen?


Grundsätzlich ja. Das gilt für den geschützten Anbau allgemein, zu dem neben Glashäusern auch Folientunnel, Folienhäuser und Indoor-Farming gehören, also der Anbau zum Beispiel in ehemaligen Industrie-Hallen. Das alles kann dazu beitragen, dass man Klimawandelphänomene erst einmal losgelöster von der Produktion sehen kann. Extrembeispiel Indoor-Farming: Wenn ich in einer alten Lagerhalle produziere, kann ich unter kontrollierten Bedingungen anbauen, egal, ob draußen die Sonne scheint, es regnet oder stürmt. Auch Effizienz und Erträge sind in Gewächshäusern wirklich gut.

Wichtig ist aber, Gewächshäuser als einen Baustein unter mehreren zu sehen. Wir brauchen auch den Anbau im Freiland. Auch unter Klimawandelbedingungen wird es nicht möglich sein, ganze Länder mit Gewächshäusern zu überbauen.


Trägt diese Anbauform zu Europas Ernährungssouveränität bei?


Natürlich, Ernährungssouveränität wird durch alles gefördert, was wir selber machen. Allerdings ist Souveränität auf europäischer Ebene sehr groß gedacht; eine gewisse eigene Souveränität auf staatlicher Ebene sollte auf jeden Fall auch hinzukommen – das ist beim Beerenobst vielleicht nicht so relevant, aber sicher, wenn es darum geht, durch entsprechende Kalorien die Ernährung sicherzustellen.


Wie wichtig sind Obst und Gemüse aus Gewächshäusern für deutsche Verbraucher und wie beurteilen Sie ihre ernährungsphysiologischen Eigenschaften?


Sie sind auf jeden Fall wichtig, weil Konsumenten Obst und Gemüse länger im Jahr haben möchten als dies über eine rein heimische Produktion möglich wäre. Befragt man die Leute, sprechen sich zwar fast alle für regionale Produkte aus, aber das Verhalten im Supermarkt zeigt etwas anderes.

Zur Ernährungsphysiologie kann man sagen: Wenn der Anbau gut gemacht ist, merkt man zwischen Produkten aus dem Gewächshaus und aus dem Freiland keinen Unterschied. Entscheidend ist, ob die Konzepte darauf ausgelegt sind, hochwertige Pflanzen zu produzieren oder schnell Masse zu erzeugen.


Welche Rolle spielt die Kreislaufführung des Wassers im Gewächshaus?


Ohne geschlossene Kreislaufsysteme ist die Wassersituation hoch problematisch. In neuen Gewächshäusern sind aber geschlossene Kreislaufsysteme mittlerweile der Standard: Es wird bewässert – in der Regel mehr, als die Pflanze braucht, um sicher zu sein, dass sie ausreichend gewässert ist. Dann fängt man das Wasser auf, bereitet es auf und bringt es wieder in den Kreislauf zurück. Alles andere ist langfristig nicht wirklich tragfähig.


Trägt die Fruit Logistica als wichtige Erzeugermesse dazu bei, den Anbau in Gewächshäusern zu fördern?


Solche Veranstaltungen bieten die Möglichkeit, Netzwerke zu erweitern und zu schauen: Was ist der Stand? In welche Richtung kann man sich weiterentwickeln – oder muss es sogar, weil die Konkurrenz das tut? Innovationen werden dabei durch verschiedenste Multiplikatoren weiter nach vorne getragen; ohne geht es kaum.


Wie wird die Obst- und Gemüseproduktion in Europa künftig aussehen?


Divers. Es wird ein Zusammenspiel sein aus großen Komplexen, um ganzjährig viele Dinge produzieren zu können, langfristig vielleicht aber nicht in einem Maßstab und Preissegment wie heute: Es wird teurer sein müssen, um konkurrenzfähig zu sein. Es wird weiterhin viel Regionales geben, weil das vom Verbraucher gewünscht ist, aber das wird nicht so breit gestreut sein können, was das Produktportfolio angeht. Obst und Gemüse gehören zu unserer Ernährung dazu, sie sind wichtig, deshalb wird es verschiedenste Wege geben.




BILDQUELLE: Esproyecta

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