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  • Johanna Tüntsch

IM ZWÖLBERICH: TRADITIONSWEINGUT SETZT AUF ONLINE-WEINPROBEN

Septembersonne, Spätsommer, Herbstanfang: Mit diesen Wochen verbinden wir eigentlich ein geschäftiges Treiben an den deutschen Weinbaugebieten. Jetzt werden die Besenwirtschaften geöffnet, jetzt laden Winzer zu Hoffesten, jetzt ist, während oder kurz nach der Traubenlese, die beste Zeit für stimmungsvolle Weinproben direkt auf den Weingütern.

Jedenfalls in „normalen“ Jahren. 2020 ist, pandemiebedingt, auch der Herbst auf den Weingütern bisweilen anders als sonst. Innovative Lösungen sind gefragt – selbst bei denen, die auf eine Tradition zurückblicken, die in den vergangenen dreihundert Jahren nichts erschüttern konnte. Und so gibt es die Weinproben nun eben online, erklärt Christine Dörnbach,Vertriebsleiterin auf dem Weingut im Zwölberich, das 1711 gegründet wurde und damit eines der ältesten des Landes ist: „Wir haben immer geglaubt, dass einige Dinge gut online vermittelbar sind. Nun wollten wir lieber zu den ersten gehören als zu den letzten.“

GERN ALS PIONIERE UNTERWEGS

Die Nase vorne hatte Winzerfamilie Heintz schon so manches mal. Da war der heimliche Import einiger Rebstecklinge vom französischen Auxerrois in den Nachkriegsjahren: Der Vater des jetzigen Inhabers glaubte an das Potential der alten Rebsorte und schmuggelte sie im Rucksack über die grüne Grenze. Er sollte Recht behalten: Was damals nur als Tafelwein eingestuft wurde, wird heute, nicht zuletzt auf sein Engagement hin, für das Anbaugebiet an der Nahe empfohlen – und ist damit jetzt doch als Qualitätswein anerkannt. Einer der ersten war außerdem der jetzige Inhaber Hartmut Heintz, als er vor über 25 Jahren auf einen Anbau nach Demeter-Kriterien umstieg. Der biologischen Landwirtschaft hatte er sich schon vorher verschrieben.

Nun also ist er mit seinem Team einer der ersten Winzer, die Weinproben online anbieten. Wie soll das gehen? Gehören zur Weinprobe nicht gerade die gesellige Stimmung, die Anekdoten des Winzers und der einladende Duft eines nahegelegenen Weinkellers? Nicht unbedingt, zeigen die Erfahrungen, die Heintz und seine Mitarbeiter mit ihren Kunden gemacht haben. „Wir bieten unterschiedliche Pakete an“, erklärt Christine Dörnbach. Je nach Budget und Ambitionen können die Kunden zwischen Paketen verschiedener Größe ab drei Flaschen wählen, die sie vorab auf Bestellung zugesendet bekommen. Dann haben sie die Möglichkeit, sich via Zoom oder Facebook zu einer der Proben einzuwählen, die zu festen Terminen angeboten werden.

FRAGEN, FREUNDSCHAFTEN UND PLAUDEREIEN IM CHAT

Damit es nicht zu chaotisch ist, sehen und hören die Teilnehmer nicht einander, sondern nur den Winzer. Während Hartmut Heintz die Weine erklärt und seine Kunden zur Verkostung im jeweils eigenen, heimischen Umfeld anleitet, sitzt Christine Dörnbach am Rechner und beantwortet die Fragen, die alle per Chat stellen können. Hier entstehen dann auch Gespräche der Teilnehmer untereinander. Wie bei Weinproben üblich, kann es dabei auch schon mal sehr lustig oder regelrecht philosophisch werden. „Es sind sogar schon Bekanntschaften auf diesem Wege entstanden. Ich finde es total faszinierend, wie nahe man sich auf diesem Wege kommen kann – in einer Zeit, in der alles eigentlich sehr stark auf Distanz ausgerichtet ist“, kommentiert Dörnbach.

Weil zu einem guten Wein natürlich immer auch ein leckerer Happen Essen gehört, erhalten die Kunden mit jedem Set einen kleinen Genussleitfaden. Darin wird ihnen zunächst empfohlen, Mineralwasser und ein neutrales Brot zur Weinprobe bereitzustellen, damit die Geschmacksnerven den Sprung von einem Wein zum anderen besser bewältigen können. Auch an Details wird noch einmal erinnert – etwa daran, dass man das Glas zwischen zwei Weinen, zumindest beim Wechsel von Weiß auf Rot, mit Wasser ausspülen und das Wasser in einen bereitstehenden Krug ausschütten sollte. Um das Vergnügen abzurunden, werden einige Rezept-Tipps für passende Snacks mit geliefert. Die gibt es in vegetarischer, manchmal veganer oder auch fleischhaltiger Form, so dass jeder für sich etwas Passendes findet. Wer mag, kann ein Foto schicken und zeigen, wie er oder sie die ganz persönliche Weinprobe vorbereitet hat. „Wenn ich sehe, mit wie viel Liebe das zum Teil gemacht ist, habe ich manchmal Tränen in den Augen“, gibt Vertriebsleiterin Dörnbach zu.

AUCH DAS HOFFEST FINDET DIGITAL STATT - MITMACHEN IST NOCH MÖGLICH

Die Online-Weinprobe kommt bei den Kunden gut an. Manche nutzen sie, um selbst auf originelle Weise Events in Corona-Zeiten zu veredeln: „Wir haben schon neue Kunden gewonnen, die uns erzählt haben, dass sie vorher von jemand anders zu einer Online-Weinprobe von uns eingeladen waren“, verrät Christine Dörnbach. Um die angebrochenen Weinflaschen müssen sich übrigens auch jene, die nur allein an der Probe teilnehmen, keine Gedanken machen. Die Vertriebsleiterin erklärt, warum: „Unsere Weine fallen nicht in sich zusammen. Sie können ohne Weiteres nach dem Öffnen bis zu zwei Wochen lang stehen. Dabei entwickeln sie sich sogar noch.“

Ein besonderes Event hat das Team aus dem Traditionsweingut im Zwölberich für Samstag, den 26. September, geplant: Dann steigt das Hoffest. Auch das wird in diesem Jahr auf digitale Weise stattfinden, mit Live-Schalten und gleich mehreren Terminen für Weinproben an diesem Tag. „Wäre das nur ein regionales Fest gewesen, hätten wir es vielleicht gemacht. Aber unsere Kunden stammen aus ganz Deutschland. Wir hätten es nicht verantwortlich gefunden, wenn sie in diesen Zeiten alle hier zusammengekommen wären“, so Christine Dörnbach. Wer neugierig ist, kann die Chance nutzen: Noch ist Zeit genug, um eines der Pakete für die Weinprobe zu bestellen und ein bisschen Weinkeller-Feeling im heimischen Wohnzimmer entstehen zu lassen. Informationen zur nächsten Online-Weinprobe gibt es hier: https://www.zwoelberich.de/wein-erleben-bei-einer-online-weinprobe/ .

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