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  • Johanna Tüntsch

NUSSKNACKER VOM KNACKI

Die Online-Shops der Gefängniswerkstätten bieten im Christmas-Shopping Alternativen, die Soziales, Nachhaltigkeit, Originalität und handwerkliche Qualität verbinden.

Strahlende Lichterketten, ein warmes Kaminfeuer und der Duft von frischem Gebäck: Keine Zeit ist wohl so heimelig wie die vor Weihnachten. Das weitet den Blick und öffnet das Herz auch für diejenigen, die sonst weniger Beachtung finden. Großzügig fließen die Spendengelder, und auch bei dem einen oder anderen alten Verwandten klingelt das Telefon jetzt öfter als sonst.

Für alle, die noch eine praktische oder witzige Überraschung suchen, gibt es aber auch noch einen ganz anderen Weg für den Brückenschlag zwischen heimischer Behaglichkeit und dem Rand der Gesellschaft – und zwar mit Geschenken aus Gefängniswerkstätten. Wie bitte, aus dem Gefängnis? Ja, genau! In Deutschland gibt es 179 Gefängnisse, denen zahlreiche Werkstätten aus unterschiedlichen Fachbereichen angegliedert sind. Sie sind Zulieferer von Wirtschaftsunternehmen, doch durch die Möglichkeit des Onlineversands entstand ein zusätzlicher Markt, der auch dem Endverbraucher offen steht.

Das Angebot ist groß – und verblüffend vielfältig. Da gibt es Weihnachtsartikel, Schmuck, Schaukelpferde, Haus- und Straßenschuhe, Vogelhäuser, einen Unterschlupf für Meerschweinchen und andere Kleintiere, Möbel, Holzkisten für Vokabelkarten, Flaschenhalter,

und vieles mehr. „Von drinnen für draußen“, ist der Slogan der Marke „Haftsache“, die das Label der bayerischen Justizvollzugsanstalten ist. Der Kauf von Waren aus Gefängnisproduktion leistet, wenn auch im Kleinen, einen Beitrag zur Resozialisierung der straffällig gewordenen Menschen. In den Werkstätten erlernen sie vieles: Tagesstruktur, soziale Kompetenzen – und nicht zuletzt ein Gefühl der eigenen Wertigkeit. „Selbstbewusstsein, Anerkennung und Wertschätzung – Gefühle, die viele Gefangene zum ersten Mal in ihrem Leben erfahren“, heißt es auf der Website haftsache.de. So ist ein Weihnachtsgeschenk, das aus der Produktion hinter Gittern stammt, immer auch eine gute Tat.

SELBSTIRONIE, DESIGN UND GUTE QUALITÄT

Außerdem sind die Produkte originell. Viele von ihnen stecken voller Knasti-Selbstironie – wie das Kochbuch „Huhn in Handschellen“ aus der Hamburger JVA-Werkstatt, umgangssprachlich „Santa Fu“ genannt, was auch der Marke ihren Namen gegeben hat. Auch Shirts, auf denen „Freigänger“ oder „Auf Bewährung“ steht, spielen humorvoll mit der Situation.

Andere Artikel setzen weniger auf den Wortwitz als auf gute Qualität und raffiniertes Design: Für „Haftsache“ kooperieren die Justizvollzugsanstalten mit dem Lehrstuhl für Industrial Design an der TU München. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, die Formen sind zeitlos, klassisch, schlicht und elegant. Gleichzeitig bestechen die Produkte dadurch, dass hier auch bewährte Materialien verwendet werden, die sonst nur im gehobenen Preissektor zu haben sind: Pfannen aus Gusseisen, Pantoffeln und Teppiche aus echter Merinowolle, Küchenutensilien aus Edelhölzern.

Wer also in der Vorweihnachtszeit nach Geschenkideen sucht, dabei aber den Weg in die Einkaufsstraßen scheut, muss nicht unbedingt bei internationalen Handelsriesen schauen. Insbesondere, wenn Nachhaltigkeit und Sinnhaftigkeit beim Kauf eine Rolle spielen sollen. Das Stöbern und Einkaufen in den Online-Shops der Gefängniswerkstätten macht Spaß, liefert jede Menge Ideen – und ist zugleich die kleine gute Tat im Alltag, die jetzt Hochsaison hat.

ONLINE-TIPP:

www.haftsache.de

www.santa-fu.de

www.knastladen.de

https://www.eshop.sachsen.de/gitterladen/

https://jva-shop.de/

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