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  • Johanna Tüntsch

UND SIE KRABBELN DOCH!

EIN FRÜHSOMMERLICHER BLICK AUF ERFOLGREICHE PROJEKTE RUND UM DEN INSEKTENSCHUTZ

So langsam geht sie wieder los – die Zeit, in der man sich abends entscheiden muss, ob man das Licht einschalten oder das Fenster öffnen möchte. Oder doch beides, im vollen Bewusstsein, dass dann gleich jede Menge ungebetener Gäste um die Lampe schwirren wird. Auch tagsüber summt und fliegt es jetzt wieder. Oder nicht? Doch, noch summt, fliegt und krabbelt es. Nachdem in den vergangenen Sommern das große Bienensterben weltweit für Schlagzeilen sorgte, gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Projekten und Maßnahmen, die eine Antwort darauf sind. Eine Antwort, mit der Menschen in Stadt und Land die Insekten einladen: „Kommt zurück! Breitet euch aus und fühlt euch wohl. Wir mögen euch nicht, aber wir haben euren Wert zu schätzen gelernt.“

NEUE ANSÄTZE FÜR DIE LANDWIRTSCHAFT

Immer mehr Menschen sehen Umweltschutz als eines der wichtigsten politischen Themen unserer Zeit. In Schweden ist „Flygskam“ bereits ein verbreitetes Phänomen: Flugscham, als ein schlechtes Gewissen, man man die Umwelt mit unnötigen Spaßflügen belastet. Die Zeiten ändern sich, und mit ihnen das kollektive Bewusstsein. Deswegen schauen wir heute auf einige der vielen Ansätze, die es inzwischen gibt, um die Welt wieder ein bisschen lebenswerter zu machen. Nicht nur für einen kleinen Kreis von Menschen, sondern für viele Lebewesen. Unter anderem die Insekten. In Bayern haben sich 1,7 Millionen Menschen zusammengeschlossen und ihr Anliegen in einem Volksbegehren formuliert: „Rettet die Bienen!“ In anderen Bundesländern sind ähnliche Initiativen bereits in Planung. Maßgeblich betroffen von ihren Forderungen wäre die Landwirtschaft. Die Forderungen nach Pestizidverzichten und Flächen, die mit Blühstreifen und Inseln versehen sind, so dass Insekten sie mühelos überqueren können, statt auf der Mitte schlapp zu machen, hören sie nicht gerne, denn sie stehen einem landwirtschaftlichen Konzept entgegen, das auf maximale Funktionalität ausgerichtet ist.

Dass die Bauern dennoch nicht in helle Panik geraten müssen, zeigen die Betriebe, die sich dem Projekt FRANZ angeschlossen haben. FRANZ steht für „Für Ressourcen, Agrarwirtschaft und Naturschutz mit Zukunft“. Deutschlandweit sind es zehn Betriebe, die sich an dieses Experiment herangewagt haben. Sie orientieren sich an den Kriterien, nach denen in Großbritannien seit zwanzig Jahren die „Hope-Farm“ bewirtschaftet wird. Ein Teil des Ackerlandes bleibt für blühende, Samen tragende Pflanzen reserviert, wodurch Lebensraum für Insekten und Vögel entsteht. Feldabschnitte liegen brach.

Außerdem sind die Maße von Blühstreifen und Äckern so berechnet, dass Insekten die Äcker überqueren oder dazwischen auf einem der Blühstreifen Rast machen können. Gleichzeitig wird ein Fokus darauf gelegt, dass die Abläufe für den Landwirt wirtschaftlich sind. Die Resultate sind bislang so positiv, dass die Landwirte sich überrascht zeigen. Landwirtschaft, Wirtschaftlichkeit und Naturschutz schließen sich also nicht aus.

WACHSENDES BEWUSSTSEIN IN DEN STÄDTEN

Das Imkern auf Grünflächen in der Stadt, in Schulen und sogar auf Firmengrundstücken ist ein Trend geworden. Insektenhotels bieten zusätzlich auch den Wildbienen und anderen Insekten einen Unterschlupf. Städte haben ebenfalls erkannt, wie leicht sie in diesem Zusammenhang positive Effekte erzielen können und lassen Blumenwiesen wachsen, wo früher nur Rasen war. In einigen Kommunen wird sogar diskutiert, Schotter- und Steinvorgärten mit Bußgeldern zu belegen.

Wenn das Ziel eine Umwelt ist, in der es kein menschengemachtes Artensterben mehr gibt und in der die Menschen selbst weltweit gut leben können, dann sind wir vom Ziel sicher noch weit entfernt. Aber viele Züge fahren bereits in die richtige Richtung. Das ist auch mal einen Blick wert.

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