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  • Johanna Tüntsch

SPENDEN ODER SCHENKEN? BEIDES!

WARUM WUNSCHZETTEL UND SPENDENAUFFORDERUNGEN IN DER WEIHNACHTSZEIT ZUSAMMEN GEHÖREN.

Tief und herzergreifend schauen mich die dunklen Augen an, die da plötzlich zwischen all den weihnachtlichen Kaufhauskatalogen in meinem Briefkasten auftauchen. Große Augen? Nein, das hier ist nicht schon wieder so ein kulleräugiges Lama, wie man es jetzt überall sieht. Es ist das Bild eines afrikanischen Kindes, das an der Essensvergabe ansteht. Eine Organisation bittet um Spenden, wie so viele Institutionen in diesen Wochen.

Zahlreiche Länder leiden mit Dürreperioden und Ernteausfällen bereits unter dem Klimawandel. Selbst in Deutschland messen Umweltexperten besorgniserregende Werte. Wenn der Dezember keine starken Regenfälle mit sich bringt, erwartet Nordrhein-Westfalen das trockenste Jahr seit Beginn der Messungen. Dabei liegt Deutschland immerhin nur auf Platz 25 der Staaten, die von Extremwetter bedroht sind. Viel schlimmer steht es um Puerto Rico, Myanmar, Haiti, die Philippinen, Nicaragua und andere Länder, in denen die Lage ohnehin schon schwierig genug ist, da dort ein Großteil der Menschen in Armut lebt.

EIN GUTER ZEITPUNKT FÜR VERANTWORTUNG

Darauf, dass Bewohner strukturschwacher Länder katastrophale Wetterveränderungen als gottgegeben betrachten, können wir schon lange nicht mehr spekulieren. Das Bewusstsein und der Ärger darüber, mit der eigenen, kärglichen Existenz den Wohlstand der Industrienationen zu bezahlen, werden immer größer. Sie fordern eine Verantwortung, der wir uns stellen müssen. Es ist angezeigt, den großen, hungrigen Augen des afrikanischen Kindes im Bittschreiben Beachtung zu schenken. Nicht nur in der Vorweihnachtszeit. Aber jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um damit anzufangen.

Zahlen sind nüchtern. Deswegen sind sie so wunderbar dafür geeignet, Dinge vergleichbar zu machen. Beispiel: 20 Euro. Sie reichen für das warme Winter-Outfit einer Babypuppe samt Stiefeln mit kuscheliger Kunstfellkrempe. Oder für Spezialnahrung, die eine Familie vor dem akuten Verhungern rettet. Ein anderes Zahlenspiel: der 175-teilige Kasten mit Künstlerbedarf. Er kostet 50 Euro – genauso viel wie dürreresistentes Saatgut, das einer Familie für eine Saison die Ernte sichert.

WEIHNACHTEN IST FÜR ALLE DA

Keine Frage: Die Menge der Spendenanfragen in der Vorweihnachtszeit kann schon mal überfordern. Vielleicht sogar nerven, denn sie verlangt nach Entscheidungen – als hätten wir nicht schon genug zu tun. Wem soll man denn nun helfen? Kindern? Geflüchteten? Menschen mit Behinderung? Denen, die weit weg leben, oder denen, die um die Ecke vernachlässigt und vergessen sind? Gleichzeitig klingt tief aus dem Inneren die empörte Frage auf: Darf man denn selbst überhaupt keinen Spaß mehr haben?

Doch. Darf man, und soll man sogar. Im Winter durch geschmückte Straßen zu gehen, Weihnachtsgeschenke auszusuchen, zu verpacken und das Haus zu dekorieren, das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur. Durch Geschenke drücken wir Wertschätzung aus, und das ist auch richtig so, denn es verbindet. Weihnachten hat längst eine Dynamik bekommen, die über den christlichen Ursprung hinausreicht. Zum Glück, denn sonst wären große Teil unserer Gesellschaft außen vor. „Schon mal schön geschmückt“, sagt mein arabisch-stämmiger Fitness-Trainer stolz über die kleine Tanne, die seine Kollegin im Studio aufgestellt hat. Ob es ein Produktionsfehler ist, dass die goldenen Weihnachtsbäume, die daran hängen, mit den Spitzen nach unten zeigen? Er versteht gar nicht, was ich meine. „Soll halt gemütlich sein“, sagt er achselzuckend. Und wenn schon! Weihnachten, und das gehört nun wirklich zum Kern der Botschaft, Weihnachten ist für alle da. Deswegen macht es auch Sinn, Weihnachten allen anderen Menschen gegenüber eine grundsätzliche Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen. Dazu gehören Geschenke – aber auch Spenden.

SPENDEN HILFT

Alleine die Welthungerhilfe konnte im vergangenen Jahr, nach eigenen Angaben, 11,8 Millionen Menschen durch Spenden helfen. Das sind mehr Menschen, als in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Dresden und Leipzig zusammen wohnen. Ziemlich viele, wenn man sich vorstellt, sie wären alle verhungert.

Spenden hilft. Eine Orientierungshilfe bei der Auswahl der Organisationen gibt das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) unter dzi.de/spenderberatung.

Mit einem gesunden Mix von Spenden und Schenken können wir an Weihnachten viele Menschen bedenken. Und die Babypuppe kann vielleicht auch mal einen abgelegten Puppenpullover anziehen. Dinge weiterzugeben, schont nämlich die Ressourcen. Das wiederum ist gut fürs Klima und wirkt auf andere Weise der Armut auf der Welt entgegen. Aber davon ein anderes Mal mehr.

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