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  • Johanna Tüntsch

SHOPPING AM 24. DEZEMBER?


Ob Händler ihre Läden öffnen oder nicht, wird heiß diskutiert. Gerne vergessen wird dabei die Rolle der Verbraucher – also jedes einzelnen von uns.

Einkaufen an Heiligabend? Das ist in diesem Jahr ein großes Thema im deutschen Einzelhandel, denn der 24. Dezember fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag. Schon spalten sich die Geister: Ist das eine gute Gelegenheit, alle Besorgungen bis zum 23. Dezember zu erledigen und dann ganz gelassen in die Feiertage zu gehen? Oder ist es eine Chance, noch mehr Absatz zu machen? Schließlich könnten viele Menschen am Sonntagvormittag die Zeit für einen Einkauf nutzen, ohne dafür Urlaub nehmen zu müssen.

Einige Händler möchten am 24. Dezember die Läden öffnen. Die Gewerkschaft ver.di findet das alles andere als gut – und hat zum Boykott aufgerufen. So wird plötzlich ein Tag, der doch schön sein sollte, zum Zankapfel. Hier die armen Angestellten, dort die bösen Händler. Aber ist es wirklich so einfach?

Es gab ja auch früher schon Heiligabende, die auf einen Sonntag fielen. Genau genommen tritt das Phänomen alle paar Jahre auf. Und doch gab es in der Vergangenheit keine solchen Diskussionen: Die Läden blieben einfach zu. Obwohl natürlich zu jeder Zeit Kaufleute gerne ein gutes Geschäft machten. Was also hat sich geändert? Die Globalisierung können wir in diesem Fall ausnahmsweise einmal nicht als schwarzen Peter heranziehen – denn Weihnachten wird auf der ganzen Welt gefeiert. Sicher: Es gibt christlich geprägte Länder, in denen der 24. Dezember ein ganz normaler Arbeitstag ist – beispielsweise im angelsächsischen Raum, wo die Feierlichkeiten traditionell am Morgen des 25. Dezember beginnen. Aber auch das ist nichts Neues und hat in der Vergangenheit den hiesigen Einzelhandel nicht beeinflusst.

Gestiegen ist allerdings die Erwartungshaltung vieler Verbraucher. „Als ich Kind war, war in den Läden samstags auch mal was ausverkauft. Aber heute erwartet man, dass man am Samstagabend noch das komplette Sortiment im Supermarkt findet“, sagte uns in diesem Jahr ein Interviewpartner, der noch keine 30 Jahre alt ist. Ja, so sieht sie aus, die Realität. Alles soll immer verfügbar sein. Und das ist doch der Punkt, an dem jeder einmal ganz ehrlich in sich selbst hineinhorchen sollte.

Die Welt teilt sich nicht in arme Angestellte und böse Händler; keineswegs. Sie teilt sich aber in solche Verbraucher, die alles gerne auf Abruf verfügbar haben möchten, und solche, die wissen, dass gute Waren nicht nur ihren Preis kosten, sondern auch ihre Zeit beanspruchen. Gleiches gilt für freundliche, zufriedenstellende Dienstleistungen. Sie können sie nicht immer verfügbar sein – haben aber trotzdem treue Stammkunden verdient. Sobald das der Mehrheit der Verbraucher bewusst geworden ist, hat sich hoffentlich die Diskussion darüber erübrigt, ob an einem sonntäglichen Heiligabend die Geschäfte offen sein sollten oder nicht.

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